Anilinleder
Anilinleder sind ungefärbte oder mit Anilinfarbstoffen im Bad durchgefärbte Leder. Es handelt sich um offenporige Glattleder ohne Pigmentschicht (Farbschicht) auf der Oberseite, die noch die natürliche Beschaffenheit des Hautmaterials erkennen lassen und in der Regel als sehr teure und wertvolle Leder gelten. Durch die fehlende Pigmentierung haben Anilinleder einen weichen und warmen Griff.
Das Porenbild muss bei Anilinledern klar erkennbar sein. Maximal kann ein Anilinleder eine Zurichtung mit Griffmitteln oder eine Hydrodrophierung erhalten, die aber nichts abdecken, also keine Pigmente enthalten dürfen. Ganz offenporige Anilinleder ohne jeden Schutz werden auch als Rein-Anilinleder oder Rein-Anilin bezeichnet. Weiche Anilinleder werden auch als Nappaleder bezeichnet.
Als offenporig werden neben den Anilinledern, die zu den Glattledern zählen, auch die Rauleder bezeichnet. Bei Rauledern dringt Feuchtigkeit direkt ein.
Geregelt ist die Kennzeichnungspflicht für Anilinleder in der DIN EN 15987 (Terminologie – Hauptdefinitionen für den Lederhandel Juli 2015). Demnach ist ein Anilinleder ein Glattleder, bei dem der Narben (Poren der Haare) deutlich und vollständig sichtbar sein muss. Eine aufgebrachte Zurichtung darf nicht dicker als 0,01 mm sein und darf keine Pigmente enthalten.
Anilinleder werden in fast allen Bereichen verwendet. Als Möbelleder, Taschenleder, Schuhleder oder Bekleidungsleder. Seltener sind Autoleder, weil die pflegeleicht erwartet werden und daher meist eine Pigmentierung aufweisen.
Aufbau der Lederfärbung, Zurichtung. Ohne Zurichtung = Anilinleder.
Für Anilinleder kommen nur absolut makellose Häute in Frage, da die Oberflächenstruktur des Leders komplett sichtbar bleibt. Nicht in Frage kommen Leder mit Gabelstichen, Zeckenbissen, oder Hornstößen, die in den Hauptflächen der Lederhaut störend hervortreten. Weil makellose Häute seltener sind, ist Anilinleder i.d.R. teurer als pigmentiertes Leder. Gerbereien sprechen von weniger als 5% der angelieferten Häute, die aufgrund der Makellosigkeit als Anilinleder in Frage kommen.
Ein auf der Oberfläche verriebener Wassertropfen dringt in Anilinleder ein und dunkelt den feuchten Bereich, da die Poren des Leders nicht versiegelt sind. Anilinleder sind daher sehr anfällig gegen Wasserflecken und Fettstellen, ebenso wie gegen Ausbleichungen durch Sonnenlicht. In der Hand fühlen sich Anilinleder warm und wachsiger an und sind von der Optik her matt.
Bild 1 zeigt einen Tropfen Wasser auf einem pigmentierten Rindsleder. Der Tropfen zieht nicht ein. Daneben sieht man, wie ein Tropfen Wasser in ein offenporiges Rindsleder einzieht.
Versuche, die Bezeichnung "Anilinleder" durch "naturbelassenes Leder" zu ersetzen, um eine Verwechslung mit dem Blutgift Anilin zu vermeiden, haben sich wegen der festen Etablierung im Volksmund nicht durchsetzen können. Somit ist der Begriff Anilin oder Anilinleder der richtige Fachbegriff zur Beschreibung dieser Lederart. Wegen der Weichheit des Leders wird Anilinleder auch als Nappaleder oder gelegentlich auch als Softleder bezeichnet.
Als Semianilinleder werden Leder bezeichnet, die nur eine schwache Pigmentschicht aufweisen.
Film über Lederarten.
Mikroskopische Aufnahme der Oberfläche eines Anilinleders.Deutlich sind die offenen Poren der Haut erkennbar, die nicht durch eine Zurichtung verdeckt werden.
Anilinleder gibt es in allen Bereichen: Bekleidungsleder, Autoleder, Fahrradsattel, Möbelleder, Schuhleder, Taschen- und Kofferleder
Anilinleder ist empfindlich: Fettstellen - Ausbleichungen - Fleckenränder
Unterscheidungsmerkmale
Reines Anilinleder - Haarporen sind gut erkennbar und keine Farbschicht auf dem Leder
Semianilinleder - Haarporen sind gut erkennbar, aber eine dünne Farbschicht auf dem Leder
Haarporen sind kaum erkennbar, ein stärkere Farbschicht ist auf dem Leder. Hier kann nur ein Fachmann prüfen, ob es noch als "Semianilinleder" bezeichnet werden darf.
Pigmentiertes Glattleder - Haarporen sind nicht mehr erkennbar, ein dicke Farbschicht ist auf dem Leder
Manchmal werden Leder als Anilinleder angeboten, die garkeine sind. Da die Leder so empfindlich sind, erhalten die manchmal eine "leichte" Zurichtung. Solche Leder sind dann aber keine "Reinanilin" mehr, sondern allerhöchstens Semianilinleder oder sogar pigmentierte Leder.
Als Anilinleder deklariert, aber eindeutig eine Farbschicht auf dem Leder, wobei die Haarporen sogar nur schwach erkennbar sind.
Weitere Informationen
- Semianilinleder
- Pigmentierte Leder
- Atmungsaktivität
- Offenporige Leder
- Glattleder
- Lederarten
- Was sollte man beim Kauf von Ledermöbeln beachten?
- Anilin gegerbt - ein Irrtum der Begrifflichkeiten
Die Handhabung von Anilinledern
12px -> Lederzentrum: Pflegehinweise für alte und neue Anilinleder (offenporig)
12px -> Lederzentrum: Dunkle Fettflecken im Kopf- und Armlehnenbereich