Chrom-VI

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Chrome VI

Immer wieder einmal erreichen den Verbraucher über die Medien Berichte darüber, dass in bestimmten Lederartikeln (speziell Arbeitshandschuhen) Konzentrationen von Chromverbindungen festgestellt wurden, die die gesetzlich zulässigen Grenzwerte überschreiten. Dabei handelt es sich in der Regel um Stoffe, die bei der Chromgerbung zwar nicht zwangsläufig entstehen müssen, wohl jedoch abhängig von dem im Detail eingesetzten Verfahren und den Werkstoffen entstehen können.


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Chrom(III)-Oxid in Pulverform

 

Der Chemiker spricht hier von sogenannten Chrom-VI-Verbindungen, also von Verbindungen, die sechswertige Chrom-Ionen z. B. mit Sauerstoff eingehen (Chromat). Im Gegensatz zu den wenig schädlichen Verbindungen des dreiwertigen Chroms (Chrom-III) gelten chrom-VI-basierte Stoffe als zumindest allergen, in höheren und dauerhaften Dosen als krebserregend und akut toxisch.


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Mikroskopische Aufnahme von Chrom-VI-Verbindungen

 

Arbeitshandschuhe dürfen in Deutschland laut Bedarfsgegenständeverordnung maximal drei Milligramm freisetzbares Chrom(VI) pro Kilogramm Leder enthalten. Dies ist gleichzeitig die technische Nachweisgrenze und entspricht der Industrienorm DIN EN ISO 17075 vom Februar 2008.

Diese Grenzwerte gelten aber nur für den Arbeitsschutzbereich. Bei anderen Lederartikeln, die in engen Kontakt mit der Haut geraten - also vor allem Bekleidung und Schuhen - existiert bis dato kein Grenzwert, der dem privaten Endverbraucher eine ähnliche Qualitätsgarantie gibt.

Es ergibt sich aber ein Schutz durch die Bedarfsgegenstände-Verordnung. Der Begriff Bedarfsgegenstände umfasst eine weite Spanne von Produkten, mit denen der Verbraucher in Kontakt kommt. Dazu gehören Jacken, Hosen, Kleider, Schuhe, Mützen, Handschuhe, Armbänder, die alle aus Leder sein können. An Bedarfsgegenstände werden besondere Anforderungen gestellt, die dem gesundheitlichen Schutz des Verbrauchers dienen. Hinsichtlich der stofflichen Beschaffenheit ist in § 30 LFGB festgeschrieben, dass Bedarfsgegenstände bei bestimmungsgemäßem und bei vorhersehbarem Gebrauch die Gesundheit nicht schädigen dürfen. Explizite Grenzwerte oder ein Verbot werden aber bisher in der Bedarfsgegenstände-Verordnung nicht aufgeführt. Es gibt daher politische Bestrebungen, Chrom (VI) auch im Rahmen der Bedarfsgegenständeverordnung zu verbieten (Stand 06/2009).

Die Untersuchungsbehörden der Bundesländer haben zwischen den Jahren 2000 bis 2006 etwa 850 Lederproben (Handschuhe, Schuhe, Armbänder etc.) auf ihren Chrom-VI-Gehalt analysiert. Ungefähr jede zweite dieser Proben enthielt die gesundheitsschädliche Chemikalie. Davon überschritt jede sechste Probe einen Anteil von 10 Milligramm Chrom(VI) pro Kilogramm Leder. Schon durch Konzentrationen ab 5 Milligramm pro Kilogramm aber besteht die Gefahr einer schleichenden Immunsensibilisierung, die in eine konkrete Allergie münden kann - insbesondere bei Personen, die bereits zu Hautekzemen neigen. Ein weiterer Risikofaktor ist der Kontakt von chromatbelasteten Lederartikeln mit nicht intakter Haut (Aufrauungen, kleine Verletzungen).

Die Stiftung Warentest hat in der Ausgabe Juli 2013 je 20 Kinderschuhe, Arbeitshandschuhe und Uhrenarmbänder getestet. Bei den Kinderschuhen überschritten 4 den Grenzwert, bei den Handschuhen 6 und bei den Uhrenarmbändern 2. Die Überschreitenden Produkte waren preislich nicht abweichend vom Durchschnitt aller getesteten Produkte. Mit 62 mg/kg war ein Arbeitshandschuh besonders stark belastet.

Ist die Allergie erst einmal ausgebildet, genügen schon geringste Chromatmengen, um entzündliche Hautreaktionen wie Schwellungen, Blasen, juckende rote Stellen und Abschuppungen hervorzurufen. Diese Hautreaktionen sind zunächst auf die direkten Berührungsstellen zum chromathaltigen Leder beschränkt, können sich aber im Extremfall über den gesamten Körper ausbreiten, wenn der Kontakt nicht eingestellt wird.

Heilungsmöglichkeiten existieren nicht, die Allergie bleibt lebenslang bestehen. Mediziner gehen davon aus, dass bereits 500.000 Personen in Deutschland von Chromatallergien betroffen sind. Für solcherart Betroffene ist es ratsam, bei der Anschaffung von Lederartikeln chromgegerbte Leder konsequent zu meiden und auf rein pflanzlich gegerbte Leder auszuweichen. Bei pflanzlich gegerbten Ledern muss dabei beachtet werden, dass es Mischgerbungen (z.B. Pflanzen- und Chromgerbung kombiniert) gibt. Daher dürfen dann nur chromfreie, pflanzlich gegerbte Leder gekauft werden.

Wie Chrom-VI-Verbindungen konkret entstehen bzw. konsequent vermieden werden können, ist inzwischen gut erforscht. Chinesische Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass Leder mit hohen Anteilen ungesättigter Fettsäuren die Herausbildung von Chrom-VI begünstigen. Man weiß auch, dass Chrom-VI bei der Gerbung auch aus den als ungefährlich geltenden Chrom-III-Verbindungen entstehen kann, wenn Unregelmäßigkeiten im Gerbprozess sowie bestimmte Zusatzstoffe hineinspielen. Inzwischen gibt es Chromgerbstoffe, die mit Additiven versehen sind, die einer Chrom-VI-Entstehung gezielt entgegenwirken. Diese Stoffe sind jedoch teuer, und der Verbraucher kann insbesondere bei preiswerten Importartikeln nicht grundsätzlich davon ausgehen, es mit gesundheitlich unbedenklicher Ware zu tun zu haben. Hier kann der Kunde nur auf Selbstverpflichtungen jener Hersteller vertrauen, die sich freiwilligen Kontrollen ihrer Chargen unterziehen und dies mit Siegeln unabhängiger Prüfinstitutionen belegen können.

Bei einer Untersuchung wurde 2011 festgestellt, dass der Einsatz von Hitze und Klebstoffen bei der Schuhproduktion das Entstehen von Chrom(VI) fördert. Leder mit einem höheren Gerbstoffanteil Chrom(III) neigen eher zur Bildung von Chrom(VI) als Leder mit einer niedriegeren Gerbstoffkonzentration. Bei dieser Unteruchung wurden auch die Reduktionsmittel Ascorbinsäure und Hexagon geprüft. Diese konnten den Chrom-VI-Anteil reduzieren.

Bei hochwertigen Lederprodukten konnten in den letzten Jahren keine Probleme mit Chrom-VI registriert werden.

In Europa auffällig gewordene Produkte durch zu hohen Chrome VI - Anteil, werden im Rapex-System aufgeführt. The rapid alert system for non-food dangerous products (RAPEX). Bei "Free text search" die Begriffe "Chrom" oder "Chromium VI" eingeben. Dort werden ausführliche Informationen über aktuelle Funde bereit gestellt.


Chrome VI in der Gerbereigeschichte

Aus dem Bericht des Gerbers Andreas Ollert aus dem Jahre 1953, der heute (2014) noch kerngesund ist: "Zum "Gift" des Chrom VI mein öfteres Erlebnis aus der Lehrzeit 1953. Es gab damals keine fertigen, dreiwertigen Chromgerbextrakte. Es wurde selbst reduziert. Dazu wurde Chrome VI aus Na- oder KA-bichromat mit Schwefelsäure und Melasse zum gerfertigen Chrom III umgewandelt. Diese Arbeit war bei den Lehrlingen beliebt. Nach dem Ansatz der Brühe gab es nur noch Überwachungsaufgaben. Man war von der damals sehr schweren körperlichen Arbeit befreit. Das Chrom VI wurde als helloranges Salz in Holzfässern angeliefert. Es hat mich fasziniert. Bis zu den Ellbogen hab ich oft hineingelangt. Nie überlegt, wie viel Moleküle vom "Gift" unter den Fingernägeln noch waren, als es zur Brotzeit ging. Es gab damals auch keine Vorschriften beim Hantieren. Man trug nur die Brille wegen der Schwefelsäure."


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Chrom VI

 

Chrome VI in der Presse

Immer wieder tauchen in der Presse Berichte über Chrome VI Grenzwertüberschreitungen auf. Berichte über geschädigte Allergiker hat es aber noch nicht gegeben. Folgend sind einige Berichte aufgeführt.

  • Stiftung Warentest Ausgabe Juli 2013 (Untersuchung Kinderschuhe, Arbeitshandschuhe und Uhrenarmbänder.)
  • Spiegel Ausgabe 29 vom 14.07.2014 (Bericht über Grenzwertüberschreitungen vom Chrome VI in Schuhen von Zalando und zur möglichen Herkunftsregion Europa.)



Weitere Informationen


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