Chromgerbung

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Geschichte der Chromgerbung

Über Jahrhunderte dominierte die pflanzliche Gerbung und andere Gerbarten den Gerbprozess. 1858 beschäftigte sich der deutsche Technologe F. Knapp und der Schwede Cavalin erstmalig mit dem Thema Chromsalze und Gerbung. Patentiert wurde das Verfahren der Chromgerbung mit dem Gerbstoff (alkaline chromium (III) sulfate) dann in Amerika durch den Chemiker Augustus Schultz.

Chrom(III) kommt natürlicherweise in der Erdkruste vor. Es wird oft in Form von Chromit-Mineralien, wie zum Beispiel Chromit oder Chromit-Spinell, gefunden. Die größten Vorkommen von Chromitmineralien befinden sich in Südafrika, Kasachstan, Indien, Russland, Türkei, Philippinen und Simbabwe. Das Chrom(III) wird aus diesen Erzen extrahiert und in verschiedene Verbindungen umgewandelt, um seine verschiedenen Anwendungen zu erfüllen.

Eisenoxyd- und Chromoxydsalze haben beide im eminenten Grad die Eigenschaft, Haut in Leder zu verwandeln. Die saure Reaktion der Eisensalze und Chromsalze bewirkt selbst bei dünnen Häuten ein allzu steifes, dem Narbenbruch unterworfenes Leder. Versetzt man dagegen die salzsaure Lösung des Oxydes vor dem Gerben mit soviel Soda oder Ätznatron als sie verträgt, ohne einen bleibenden Niederschlag zu bilden, gerben sich nun die Häute ohne Vergleich viel leichter und mit voller Geschmeidigkeit. (Knapp, F.: Natur und Wesen der Gerberei und des Leders. In: Dinglers Polytechnisches Journal 149, 1858. 305; 378.)


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Anfänge der Chromgerbung: Fußball aus chromgegerbtem Rindsleder von vor 1920 (© Deutsches Ledermuseum, C. Perl-Appl).

 

In den folgenden Jahrzehnten wurde die Chromgerbung zur beherrschenden Gerbart. Insbesondere der ökonomische Zeitvorteil von wenigen Tagen im Vergleich zu mehreren Monaten bei der Pflanzengerbung war ein entscheidender Faktor. Dazu war die Temperaturbeständigkeit von chromgegerbten Ledern ein wichtiger Faktor für die Schuhherstellung. Durch die Vulkanisierung vom Kautschuk entsteht Hitze, die chromgegerbte Leder ohne Schrumpfung verträgt. Mit chromgegerbten Ledern konnten die Kautschuksohlen mit dem Oberleder der Schuhe vulkanisiert (verbunden) werden, ohne die Sohle mit dem Oberleder vernähen zu müssen. Das war eine große Kostenersparnis bei der industriellen Schuhfertigung, der bis heute noch Gültigkeit hat und durch andere Gerbarten nicht erreicht werden kann. Ein weiterer Vorteil von chromgegerbten Ledern war das Gewicht. Pflanzlich gegerbtes Leder ist fester und schwerer, aber bei Kinder- oder Damenschuhen war das leichtere chromgegerbte Leder beliebter.

Die Entdeckung der Chromgerbung, verbunden mit dem Verfahren des Lickerns und der Entwicklung synthetischer Farbstoffe, hat die Vielfalt des heute bekannten Erscheinungsbildes von Leder ermöglicht. Die Chromsalze gehört zur Gruppe der mineralischen Gerbstoffe.

Chromgegerbtes Leder wird in der Herstellung auch manchmal als Chromgares Leder bezeichnet. Ist es in der Produktion nach der Gerbung noch nass, wird von Wet Blue gesprochen.


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Chrom(III)-Oxid in Pulverform.

 

Bedeutung der Chromgerbung

Das Gerbverfahren der sogenannten Chromgerbung mit Chrom (III)-Salzen wird inzwischen zu rund 75 Prozent der weltweiten Lederherstellung verwendet (2020, 2014 85%). 2014 galt das für Schuhoberleder zu 95%, für Polsterleder zu 70% (sinkend zugunsten von FOC-Ledern) und für Bekleidungsleder zu fast 100%.

Gegenüber pflanzlich gegerbtem Leder besitzt es eine doppelt so hohe Reißfestigkeit, dabei ist es allerdings leichter, weil die zum Gerben verwendeten Chromsalze die Haut nicht füllen: Der Gerbstoff macht nur bis zu 4% (bei neueren Ledern sogar nur ca. 1,5%) des Ledergewichts aus, während lohgegerbtes Leder einen Gerbstoffgehalt von ca. 20 Prozent aufweist.

Chromgegerbte Leder lassen sich auch leichter hydrophobieren als Leder anderer Gerbverfahren. Man kann auch leichter weiche Leder machen. Der Gerbprozess ist schneller und materialsparender als bei altgegerbten Ledern.

Kostenersparnis: Wet Blue, das frisch gegerbte, offenporige Leder mit seinem charakteristischen bläulichen Farbton, ist global transportfähig und lässt sich gut lagern, so dass ein unbegrenzter internationaler Vertrieb und weltweite Weiterverarbeitung möglich sind.


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Chrom-Gerbung im Gerbfass.

 

Anteil chromgegerbter Leder in verschiedenen Verwendungsbereichen
Bereich Chromgegerbte Leder in % Tendenz
Schuhoberleder 95 Keine Änderung
Möbelleder 70 Abnahme zugunsten FOC
Autoleder 50 Abnahme zugunsten FOC
Bekleidungsleder 100 Keine Änderung
Galanterieleder 60 Keine Änderung
Sohlleder - Keine Änderung

Quelle: Zeitschrift Leder & Häute Markt 3/2008, S. 46.


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"Wet Blue" - feuchtes, grau-bläuliches Leder direkt nach der Chromgerbung durch Chrom eingefärbt.

 

Als Gerbstoff wird fast immer 33%iges basisches Chromsulfat mit einem Chrom(III)-Oxid-Gehalt von etwa 26% verwendet. Weltweit werden jährlich 480.000 Tonnen an Chromgerbstoffen produziert, was etwa 125.000 Tonnen Chrom(III)-Oxid entspricht. Die Verwendung von Chrom (III)-Salzen gilt als gesundheitlich unbedenklich und wirft bei den allermeisten Menschen (trotz intensiven Hautkontaktes im Schuh- oder Bekleidungsbereich) keinerlei Schwierigkeiten auf. Trinkwasser darf 50 Mikrogramm (Chrom III) pro Liter enthalten. Chrom III in der Natur: Die Erdatmosphäre enthält 0.005-300 mg/kg, Pflanzen enthalten 0.03-20 mg/kg oder Plankton enthält 2.2-7.5 mg/kg und menschliche Knochen 0.1-33 mg/kg. Nur ca. 1% der Weltproduktion an Chrom III wird für die Lederherstellung verwendet. Stahl enthält 180-260 g/kg Chrom III.

Hauptlieferanten für Chrom sind Südafrika mit 38%, Indien mit 20%, Kasachstan mit 15%, Türkei mit 7%, Russland, Brasilien und Zimbabwe je mit 3% und Finnland mit 2%.


FOC = Free of Chrome

FOC (engl. free of chrome, chromfrei) bezeichnet mit synthetischen Stoffen oder pflanzlichen Mitteln ohne Verwendung von Chrom gegerbtes Leder. Laut der entsprechenden Normen dar ein als "chromfrei gegerbtes Leder" deklariertes Leder maximal 0,1% Chrom III enthalten. Chromfreie Leder sind heute zunehmend bei Polsterledern im Fahrzeug- und Möbelbereich anzutreffen.

Die Autoleder von Audi und Porsche sind z. B. grundsätzlich chromfrei.

Die Herstellung der nicht pflanzlich geegerbten FOC-Ledern ist aufwändiger als die der chromgegerbten Leder. Es muss z. B. im Gerbprozess auf die exakte Einhaltung der Temperaturen geachtet werden. Daher werden FOC-Leder eher in den entwickelten Ländern produziert. Eine Übersicht über die Verteilung der Gerbarten finden Sie unter "Gerbung".


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Werbung für chromfreies Nubukleder.

 

Häufig wird chromfreies Leder mit Beschreibungen wie "ohne Chrom und Schadstoffe" oder sogar "Schwermetall-frei" beworben. Dabei entsteht der Eindruck, das die Chromgerbung mit Schadstoffen belastet sei. So ist es aber nicht. Die Gerbung mit Chrom III ist absolut unbedenklich und hat nichts mit Schwermetallen zu tun. Viele Menschen assoziieren mit "Chrom" eine Giftigkeit oder haben in der Presse über Grenzwertüberschreitungen beim Chrom VI gehört. Diese Ängste werden dann beim Marketing genutzt und Alternativen werden angepriesen.

FOM (free of metal) ist die Bezeichnung für Leder, die vollständig ohne Verwendung von Metallen und ihren Verbindungen (etwa Aluminium, Eisen oder Titan) gegerbt worden sind.

Aktuell ist die ungefährliche Chrom-III-Gerbung dominant und die alternativen Gerbarten könnten diese Gerbart weder kostenneutral, noch technisch ersetzen. Viele pflanzliche Gerbstoffe haben kein ausreichendes Aufkommen, um den Bedarf an Gerbstoffen für die Weltproduktion an Leder zu befriedigen. Weltweit wird die chromfreie Gerbung immer weiter entwickelt und der Anteil chromfreier Leder nimmt stetig zu, aber noch ist die Dominanz der Chromgerbung ungebrochen.


Chrom-VI

Chrom (VI) ist gesundheitsschädlich und taucht bei Untersuchungen gelegentlich grenzüberschreitend im Leder auf. Sei es durch Fehler in der Produktion oder durch spätere Entstehung im hergestellten Leder. Für den Endverbraucher besteht das Risiko einer allergischen Reaktion.

Chorm VI wird auch als krebserregend bezeichnet. Das betrifft das Einatmen von Chrom VI Stäuben, die durch Leder nicht entstehen. Auch der Verzehr von Chrom VI ist gesundheitsschädlich. Ein Konsument müsste mehrere Kilo des selten vorkommenden mit Chrom VI belasteten Leders verzehren, um darauf zu reagieren.

Das verbleibende Allergierisiko spielt in Alltag der Ledernutzung nahezu keine Rolle. Obwohl fast jeder Konsument täglich chromgegerbte Leder als Schuhe, Gürtel, Geldbörse oder Tasche trägt, gibt es im Gegensatz zu den erheblich häufiger auftretenden Allergien gegen Pollen oder Chrom-Nickel kaum dokumentierte Fälle. Ca. 0,5% der Bevölkerung haben eine Chrom VI-Allergie. Die häufig in den Medien hochgespielte Gefahr chromgegerbter Leder beruft sich nicht auf tatsächliche Patienten, sondern auf eine fast nie eintreffende Eventualität.

An dieser Stelle muss betont werden, dass der Autor dieser Zeilen kein Lobbyist der Chromathersteller oder der Chromgerber ist, sondern ein nüchterner Betrachter der vorliegenden Fakten!


Chromgerbung - Ökologie

Auch Umweltüberlegungen sind bezüglich der Chromgerbung relevant. So entstehen etwa bei der Gerbung chromhaltige Abwässer und Reststoffe, die aufbereitet bzw. recycled werden müssen, um wertvolle Stoffe wiederzugewinnen. Moderne Gerbereien schaffen es, bis zu 97% des verwendeten Chroms an die Lederfaser zu binden, um die Abwasserbelastung gering zu halten und Kosten zu sparen.

Auch bei der Entsorgung von chromgegerbten Ledern - etwa bei Sitzen in ausgemusterten Autos - ist eine korrekte Handhabung wichtig, da bei Verbrennung chromgegerbten Leders das schädliche Chrom (VI) erzeugt wird. Überprüft werden muss auch regelmäßig das Verhalten von vorgeschrumpften Ledern auf Armaturenbretten (Dashboard-Leder) hinsichtlich des Entstehungsverhaltens von Chrom (VI) unter Bedingungen hoher Hitzeeinwirkung (etwa bei starker Sonneneinstrahlung auf schwarzem Autoleder).

Die Befürworter der Gerbung auf Basis von pflanzlichen Gerbstoffen argumentieren damit, dass pflanzliche Gerbstoffe natürlich seien und Chromgerbstoffe nicht und unterschwellig oder direkt wird auch angeführt, dass "Chrom" ein Giftstoff sei, was für Chrom (III) aber nichtzutreffend ist. Umgekehrt wird dagegengehalten, dass pflanzliche Gerbstoffe natürliche Ressourcen verbraucht und die Abholzung beschleunigt. Dazu muss aber erwähnt werden, dass in den fünfziger Jahren noch doppelt so viel Pflanzengerbstoff von den Gerbereien abgenommen wurde, weil die Nachfrage nach pflanzlich gegerbten Ledern zu der Zeit höher war.

Bei mehreren Vergleichen zwischen der Chromgerbung, der vegetabilen Gerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen und der synthetischen Gerbung gab es keine relevanten Vorteile einer chromfreien Gerbung. Alle Gerbarten sind bei sorgfältiger Durchführung unbedenklich für die Arbeiter in einer Gerberei, die Abfallstoffe lassen sich problemlos entsorgen und die Lederabfälle der Lederherstellung, der Lederverschnitt der lederverarbeitenden Betriebe und die Entsorgung der Lederobjekte nach der Nutzung sind keine gefährlichen Abfallstoffe.


Weitere Informationen




Die Empfehlung, wenn man im geringen Umfang Rohhaut selber mit Chromgerbstoff gerben möchte

  • Schutzkleidung und Brille tragen. Die Mischung kann 3 bis 4 Mal verwendet werden, darf aber nicht ins Abwasser gelangen.
  • Ein Mischung aus 5 Liter Wasser, 100 Gramm Chromsulfat und 400 Gramm Speisesalz erwärmen. Bei größeren Häuten von Schafen, Hirsch oder Wildschwein mit Haaren 5 Liter Wasser, 200 Gramm Chromsulfat und 700 Gramm Speisesalz.
  • Wenn das Salz aufgelöst ist, 5 Liter (bei der größeren Menge s.o. 15 Liter) kaltes Wasser dazu geben und warten, bis die Mischung lauwarm geworden ist. Dann in einen Kunststoffbehälter abfüllen.
  • Die Haut 10 bis 20 Tage in der Mischung einlegen. 10 Tage bei feinen Häuten wie Kaninchen, Fuchs, Marder oder Reh. 20 Tage für dickeres Leder wie Hirsch, Schaf oder Wildschwein. Täglich durchrühren. Die Haut mit einem Stein beschweren, damit die komplett in der Flüssigkeit bleibt.
  • Nach Zeitablauf die Haut zweimal mit kaltem Wasser abspülen und einen bis zwei Tage abtropfen lassen.
  • Falls gewünscht, Löcher in der Haut zunähen.



Film über die Lederherstellung

Film über die Lederherstellung in der Gerberei.


Verfahren der Gerbung
Chromgerbung - Lohgerbung - Weißgerbung - Fettgerbung - Synthetische Gerbung


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