Pflanzlich gegerbtes Leder

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Altgegerbtes Leder

Altgegerbtes Leder, lohgegerbtes Leder, lohgares Leder, pflanzlich gegerbtes Leder oder vegetabil gegerbtes Leder sind Bezeichnungen für mit Eichenrinde, Fichtenrinde, Quebrachoholz, Tara-Schoten, Olivenblättern, Rhabarberwurzeln, Mimosarinde oder Schalen Kaffeebohnen in der Grube oder im Gerbfass gegerbten Leden. Der Gerbstoff ist dann ein Pflanzengerbstoff. Pflanzlich gegerbte Leder werden manchmal auch als Naturleder bezeichnet.

Die Gerbung mit pflanzlichen Stoffen gibt es seit mehr als 5.000 Jahren und war über viele Jahrhunderte die Hauptgerbart. Von Verzierungen auf einem Sarkophag weiß man, dass die pflanzliche Gerbung im 4. Jahrtausend vor Christus in Ägypten bekannt war. Durch den Fund von Ötzi im Eis der Alpen weiß man, dass vor ca. 5.000 Jahren verschiedene Lederarten für verschiedene Verwendungszwecke hergestellt wurden. Es gibt keine genaue Angabe darüber, wo genau die pflanzliche Gerbung entstanden ist, da sie unabhängig voneinander in verschiedenen Kulturen entwickelt wurde. Es wird angenommen, dass verschiedene antike Zivilisationen wie die Ägypter, Griechen, Römer und Inder Techniken zur pflanzlichen Gerbung entwickelt haben.

Man geht davon aus, dass heutzutage nur noch 10 - 12% aller Leder pflanzlich gegerbt werden. Die Kosten- und Qualitätsvorteile der chromgegerbten Leder hat den Anteil pflanzlich gegerbter Leder zu einer Nische schrumpfen lassen. Vor der Chromgerbung war die Gerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen die dominante Gerbart. In der Nische, wo pflanzlich gegerbtes Leder die Nase vor anderen Gerbarten hat oder wo Lederliebhaber diesem natürlichen Gerbstoff den Vorzug geben, ist pflanzlich gegerbtes Leder stark und wird auch weiterhin seine Berechtigung haben.


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Eine Kampagne der Italienischen Lederindustrie für pflanzlich gegerbte Leder (www.pellealvegetale.it).

 

Pflanzlich gegerbte Leder erkennt man meist an der braunen Durchfärbung. Da die Pflanzengerbung lange vor der Chromgerbung dominierte, sind insbesondere alte Leder häufig pflanzlich gegerbt. Heute werden insbesondere feste Leder noch pflanzlich gegerbt. Bei hochwertigen Schuhen z.B. für die Ledersohlen. Pflanzlich gegerbte Leder können aufgrund ihrer Formbeständigkeit auch sehr gut geformt, geprägt oder punziert werden. Leder kann bis zu 45% aus Gerbstoffen bestehen. Insbesondere pflanzliche Gerbstoffe werden stärker von Leder aufgenommen und füllen es daher besser, sind daher auch schwerer und können besser zu festen Ledern verarbeitet werden.

Wirkstoff in der pflanzlichen Gerbung sind die Tannine als Polyphenole der Gallussäure. Diese werden von den Pflanzen eingelagert, um Fressfeinde fernzuhalten, deren Verdauung durch Tanninaufnahme negativ beeinflußt wird. Tannine finden sich in unterschiedlicher Konzentration in sehr unterschiedlichen Gewächsen; neben den bereits genannten Pflanzen auch in Wein, Kastanien, Hopfen, Sumach, Schwarzem und Grünem Tee. In Lebensmitteln werden Gerbstoffe als trocken, rau und pelzig wahrgenommen. So wird etwa der Geschmack eines Rotweins grundlegend davon mitbestimmt, welche Tannine in welcher Konzentration in ihm enthalten sind. Viele gerbstoffhaltige Pflanzen benötigen bis zu 30 Jahre Wachstum, bis die eine ausreichende Menge Gerbstoff produziert wird. Andere Pflanzen sind gerstoffreicher, wenn diese noch jung sind. Es gibt rund 300 verschiedene Planzenarten weltweit, die zur Gerbstoffgwinnung genutzt werden können.


  • Eiche ist für alle Leder verwendbar. Man verwendet bei Eichen und Fichten die Rinde jüngerer Bäume, weil die mehr Gerbstoff enthalten.
  • Kastanie macht ein hartes und rötliches Leder.
  • Mimosarinde und Akazien machen Leder eher biegsam und geschmeidig.
  • Valonea ist eine mediterrane, wildwachsende Eichenart, die vorwiegend in der Türkei und in Griechenland gedeiht. Deren Fruchtbecher mit gerbstoffreichen Schuppen (auch Trillo genannt), hat einen Gerbstoffanteil von 32%. Man kann mit Valonea Haptik weiches, sowie festes und zähes Leder machen. Mit Valonea gegerbtes Leder ist lichtechter als andere Pflanzengerbstoffe.
  • Malettorinde kommt von einer in Westaustralien vorkommenden Eukalyptusart (Eucalyptus occidentalis), die bis zu 25 Meter hoch wächst. Die Gerbstoffanteil der Rinde ist mit 46 - 49 % außerordentlich hoch. Da die Pflanze inzwischen selten geworden ist, wird der Gerbstoff kaum noch genutzt.


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Pflanzengerbstoff - Quebrachoholz

 

Im europäischen Mittelalter wurde insbesondere die Stieleiche für Gerberzwecke in sogenannten Lohwäldern kultiviert. Die gerbstoffhaltige Rinde der Bäume wurde mit dem sogenannten Lohlöffel abgeschält (das mittelhochdeutsche Wort "lo" bezeichnet abreißen, schälen, löchern) und in Lohmühlen verbracht, wo sie zur schließlichen Lohe zermahlen wurde. Diese Mühlen befanden sich meist in direkter Nähe von Gerbereien und geben bis heute Straßen und Plätzen in deutschen Städten ihren Namen. In der Kölner Innenstadt etwa erinnern Rothgerberbach, Blaubach und Mühlenbach an Lohmühlen, die ihre Rinde über den Rheinauhafen bezogen haben. Ein Teil des Marktviertels nannte sich bereits im 12. Jahrhundert Lohmarkt. Ein anderes Beispiel ist die Lohmühleninsel am Landwehrkanal in Berlin-Kreuzberg, wo seit 1750 Lohe erzeugt worden war. Und auch Familiennamen wie Lohmann, Lohmüller, Löhrer, Loher, Luerer gehen auf dieses Handwerk zurück.


Gerbstoff

Nicht jede Pflanze ist gleichermaßen gerbstoffhaltig. Tannin ist vor allem ein Stoff, der bei Stressreaktionen der Pflanze (etwa bei Parasitenbefall), ausgeschüttet wird.


Auch innerhalb einer Pflanze variiert der Gerbstoffgehalt je nach Bestandteil:

  • Bei der Eiche befindet sich in der Rinde etwa 10% Gerbstoff (in älteren Bäumen nur noch 5%), in Gallen bis zu 70%. Das entstehende Leder ist hellbraun.
  • Fichtenrinde weist 15% Gerbstoff auf, im Fichtenholz sind es allerdings maximal 1%. Auch hier wird das Leder hellbraun.
  • Kastanien können bei alten Bäumen 10% Gerbstoff im Holz erreichen. Das Leder ist mittelbraun und zäh.
  • Weidenrinde hat 10% Gerbstoff und liefert gelbliches Leder.
  • Die Rinde alter Birken enthält 10% Gerbstoff. Das Leder ist ebenfalls gelblich, weich, aber unempfindlich.
  • Valonea hat mit 32% einen sehr hohen Gerbstoffanteil. Das Leder wird zäh und feste.
  • Der Gallapfel enthält 55–65 % Gallusgerbsäure und die Knopper 25–28 % Gerbstoffe. Beides sind Wucherungen an Eichen durch die Eiablage der Gallwespe. Um die Larve entstehen gerbstoffhaltige Wucherungen. Die Ursprungsländer sind Ungarn, Jugoslawien und Österreich.


Die Trockensubstanz der an die Gerberei gelieferten pflanzlichen Gerbstoffextrakte besteht zu ca. 75 % aus Gerbstoffen, die von der zu gerbenden Haut aufgenommen werden und zu 25 % aus Nichtgerbstoffen. Über 90 % der im Gerbstoffextrakt enthaltenen Gerbstoffe werden im Gerbprozess vom Leder aufgenommen.


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Mit Eichengerbstoff gegerbtes Leder mit Stempel: "reine Eichenlohe - 12 Monate Gerbdauer".

 

Der Gerbprozess

Der Lohgerbprozess benötigt etwa 20-30 Monate. Pro Haut werden dabei ca. 30 kg Rinde oder 20 kg Früchte oder 90 kg Eichenholz verbraucht. 2009 war der weltweite Bedarf an Vegetabilgerbstoffen bei fast 130.000 Tonnen. Die moderne Gerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen dauert nur noch 59 Stunden gegenüber einer vergleichbaren Chromgerbung mit 54 Stunden.

Die Lohe wird gemeinsam mit den Häuten in eine wassergefüllte Grube gelegt, wodurch nach einigen Tagen ein gerbsäurehaltiges Bad entsteht. Die Haut wird regelmäßig weiteren Bädern mit höheren Gerbstoffkonzentrationen ausgesetzt (der sogenannten Farbengang, da sich die Farbintensität der Gerbbrühe mit stärkerer Konzentration erhöht). Dies ist allerdings nur eine Vorbehandlung. Nachdem die Häute diese durchlaufen haben, werden sie zur Weitergerbung in den sogenannten Versenk deponiert - ein dauerhaftes mit Gerbbrühe gefülltes Depot. Der Versenk wird im Abstand von einigen Wochen gewechselt, um das sogenannte Auslaugen zu vermeiden, nämlich den Fall, dass die Haut sämtliche Gerbstoffe im Wasser bereits aufgenommen hat und dieses anschließend faulig wird.

Eine spezielle Art der Grubengerbung ist die sogenannte "Altgrubengerbung". Die Altgrubengerbung wird insbesondere bei Sohlenledern (besonders dicke und feste Leder) durchgeführt, welche 9 bis 18 Monate dauert. Moderne Verfahren der pflanzlichen Gerbung reduzieren diesen Zeit auf auf wenige Wochen. In Kombination mit der Gerbung in Gerbfässern, kann der Prozess sogar auf 4-10 Tage reduziert werden, wobei das Leder dann nicht exakt die gleichen Eigenschaften hat wie bei einer reinen Grubengerbung, die besonders feste Leder mit einem hohen Gerbstoffanteil erzeugt. Außer für Sohlenleder werden diese Leder auch gerne für Punzierarbeiten, Prägungen, Gurte und andere Spezialitäten verwendet, wei das Leder für diesen Gebrauch die besten Eigenschaften hat.


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Während der Gerbung hängt das Leder in Gruben, die mit der Gerbbrühe gefüllt sind.

 

Bereits verwendete und ausgelaugte Lohe eignet sich in gepreßter Form (Lohkäse) anschließend noch als Brennmaterial oder auch als Dünger.


Filme über die Gerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen

Leder gegerbt mit Eichenlohe von 1962.


Die Gerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen in der Toscana, Italien.


Lederkennzeichnung

Weitere Bezeichnungen für Altgerbung bzw. Lohgerbung sind Grubengerbung, vegetabile Gerbung und Pflanzengerbung. Häufig werden auch die Begriffe "Naturleder" oder "Bio-Leder" verwendet, da die Gerbstoffe aus natürlichen Rohstoffen stammen.

Manche Menschen reagieren auf das selten in Leder vorkommende Chrom-VI und suchen zur Vermeidung von möglichen Allergien chromfreies Leder, bzw. rein pflanzlich gegerbtes Leder. Weil die pflanzliche Gerbung mit der Chromgerbung gemischt werden kann, reicht nicht die Nachfrage nach "pflanzlich gegerbtem Leder", sondern man muss nach chromfreiem Leder (FOC = Free of Chrome) fragen, um ganz sicher zu gehen. Leder, die als pflanzlich gegerbtes Leder in Europa in den Verkehr gebracht werden, dürfen nur dann ohne Zusatzhinweise als pflanzlich gegerbt bezeichnet werden, wenn der Gesamtgehalt der gerbenden Metalle (Cr, Al, Ti, Zr, Fe) 0,3 % des Trockengewichts nicht übersteigt. Ist der Anteil höher, muss die Ware entsprechend richtig deklariert werden.


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Bilder von älteren, pflanzlich gegerbten Ledern.

 

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Akutelle pflanzlich gegerbte Leder von www.zweisser.de.

 

Die Lichtechtheit von pflanzlich gegerbten Ledern

Die Farbstoffe im Anilinleder oder die Pigmente auf dem zugerichteten Leder werden durch Licht heller. Bei ungefärbten, pflanzlich gegerbten Ledern verhält es sich andersherum. Das Leder dunkelt durch Licht, Feuchtigkeit und Fettung nach.

Pflanzlich gegerbtes Leder, welches nie feucht wird und nie geölt oder gefettet wird, wird zwar zuerst dunkler, aber durch das Austrocknen mit der Zeit wieder heller. Vermutlich hängt dieser Effekt mit der Fettung im Leder zusammen. Zuerst steigen Fette aus dem Leder auf und dunkeln es, aber durch die Trockenheit wird es mit der Zeit wieder heller, weil die Fette langsam wegtrocknen oder einziehen. Sobald aber Wasser oder Fett auf das Leder kommt, dunkelt es stark nach.


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Pflanzlich gegerbtes Leder Tag 0, Tag 16 und Tag 50 im Sonnenlicht.

 

Verfahren der Gerbung
Chromgerbung - Lohgerbung - Weißgerbung - Fettgerbung - Synthetische Gerbung


Weitere Informationen


Lederarten der pflanzlichen Gerbung


Pflanzliche Gerbstoffe


Weitere Informationen


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