Pflanzlich gegerbtes Leder: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Gerbung mit pflanzlichen Stoffen gibt es seit mehr als 5.000 Jahren und war über viele Jahrhunderte die [[Gerbung|Hauptgerbart]]. Von Verzierungen auf einem Sarkophag weiß man, dass die pflanzliche Gerbung im 4. Jahrtausend vor Christus in Ägypten bekannt war. Durch den Fund von Ötzi im Eis der Alpen weiß man, dass vor ca. 5.000 Jahren verschiedene [[Lederarten]] für verschiedene Verwendungszwecke hergestellt wurden. Man geht davon aus, dass heutzutage nur noch 10 - 12% aller Leder pflanzlich [[Gerbung|gegerbt]] werden.  
 
Die Gerbung mit pflanzlichen Stoffen gibt es seit mehr als 5.000 Jahren und war über viele Jahrhunderte die [[Gerbung|Hauptgerbart]]. Von Verzierungen auf einem Sarkophag weiß man, dass die pflanzliche Gerbung im 4. Jahrtausend vor Christus in Ägypten bekannt war. Durch den Fund von Ötzi im Eis der Alpen weiß man, dass vor ca. 5.000 Jahren verschiedene [[Lederarten]] für verschiedene Verwendungszwecke hergestellt wurden. Man geht davon aus, dass heutzutage nur noch 10 - 12% aller Leder pflanzlich [[Gerbung|gegerbt]] werden.  
  
Wirkstoff in der pflanzlichen Gerbung sind die ''Tannine'' als Polyphenole der Gallussäure. Diese werden von den Pflanzen eingelagert, um Fressfeinde fernzuhalten, deren Verdauung durch Tanninaufnahme negativ beeinflußt wird. Tannine finden sich in unterschiedlicher Konzentration in sehr unterschiedlichen Gewächsen; neben den bereits genannten Pflanzen auch in Wein, Kastanien, Hopfen, [[Sumach]], Schwarzem und Grünem Tee. In Lebensmitteln werden Gerbstoffe als trocken, rau und pelzig wahrgenommen; so wird etwa der Geschmack eines Rotweins grundlegend davon mitbestimmt, welche Tannine in welcher Konzentration in ihm enthalten sind. Viele gerbstoffhaltige Pflanzen benötigen bis zu 30 Jahre Wachstum, bis die eine ausreichende Menge Gerbstoff produziert wird.  
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Wirkstoff in der pflanzlichen Gerbung sind die ''Tannine'' als Polyphenole der Gallussäure. Diese werden von den Pflanzen eingelagert, um Fressfeinde fernzuhalten, deren Verdauung durch Tanninaufnahme negativ beeinflußt wird. Tannine finden sich in unterschiedlicher Konzentration in sehr unterschiedlichen Gewächsen; neben den bereits genannten Pflanzen auch in Wein, Kastanien, Hopfen, [[Sumach]], Schwarzem und Grünem Tee. In Lebensmitteln werden Gerbstoffe als trocken, rau und pelzig wahrgenommen. So wird etwa der Geschmack eines Rotweins grundlegend davon mitbestimmt, welche Tannine in welcher Konzentration in ihm enthalten sind. Viele gerbstoffhaltige Pflanzen benötigen bis zu 30 Jahre Wachstum, bis die eine ausreichende Menge Gerbstoff produziert wird. Andere Pflanzen sind gerstoffreicher, wenn diese noch jung sind. Es gibt rund 300 verschiedene Planzenarten weltweit, die zur Gerbstoffgwinnung genutzt werden können. 
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* '''Eiche''' ist für alle Leder verwendbar. Man verwendet bei Eichen und Fichten die Rinde jüngerer Bäume, weil die mehr Gerbstoff enthalten.  
 
* '''Eiche''' ist für alle Leder verwendbar. Man verwendet bei Eichen und Fichten die Rinde jüngerer Bäume, weil die mehr Gerbstoff enthalten.  
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Im europäischen Mittelalter wurde insbesondere die Stieleiche für Gerberzwecke in sogenannten '''Lohwäldern''' kultiviert. Die gerbstoffhaltige Rinde der Bäume wurde mit dem sogenannten '''[[Lohlöffel]]''' abgeschält (das mittelhochdeutsche Wort "lo" bezeichnet abreißen, schälen, löchern) und in '''Lohmühlen''' verbracht, wo sie zur schließlichen '''Lohe''' zermahlen wurde. Diese Mühlen befanden sich meist in direkter Nähe von Gerbereien und geben bis heute Straßen und Plätzen in deutschen Städten ihren Namen. In der Kölner Innenstadt etwa erinnern ''Rothgerberbach'', ''Blaubach'' und ''Mühlenbach'' an Lohmühlen, die ihre Rinde über den Rheinauhafen bezogen haben. Ein Teil des Marktviertels nannte sich bereits im 12. Jahrhundert ''Lohmarkt''. Ein anderes Beispiel ist die Lohmühleninsel am Landwehrkanal in Berlin-Kreuzberg, wo seit 1750 Lohe erzeugt worden war. Und auch Familiennamen wie Lohmann, Lohmüller, Löhrer, Loher, Luerer gehen auf dieses Handwerk zurück. Bis heute gibt es rund 300 verschiedene pflanzliche Gerbmöglichkeiten weltweit.  
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Im europäischen Mittelalter wurde insbesondere die Stieleiche für Gerberzwecke in sogenannten '''Lohwäldern''' kultiviert. Die gerbstoffhaltige Rinde der Bäume wurde mit dem sogenannten '''[[Lohlöffel]]''' abgeschält (das mittelhochdeutsche Wort "lo" bezeichnet abreißen, schälen, löchern) und in '''Lohmühlen''' verbracht, wo sie zur schließlichen '''Lohe''' zermahlen wurde. Diese Mühlen befanden sich meist in direkter Nähe von Gerbereien und geben bis heute Straßen und Plätzen in deutschen Städten ihren Namen. In der Kölner Innenstadt etwa erinnern ''Rothgerberbach'', ''Blaubach'' und ''Mühlenbach'' an Lohmühlen, die ihre Rinde über den Rheinauhafen bezogen haben. Ein Teil des Marktviertels nannte sich bereits im 12. Jahrhundert ''Lohmarkt''. Ein anderes Beispiel ist die Lohmühleninsel am Landwehrkanal in Berlin-Kreuzberg, wo seit 1750 Lohe erzeugt worden war. Und auch Familiennamen wie Lohmann, Lohmüller, Löhrer, Loher, Luerer gehen auf dieses Handwerk zurück.
  
  
 
==[[Gerbstoff]]==
 
==[[Gerbstoff]]==
Nicht jede Pflanze ist gleichermaßen gerbstoffhaltig - Tannin ist, wie erwähnt, eigentlich vor allem ein Stoff, der bei Stressreaktionen der Pflanze, etwa bei Parasitenbefall, ausgeschüttet wird. Und auch innerhalb einer bestimmten Pflanze variiert der Gerbstoffgehalt je nach Bestandteil:
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Nicht jede Pflanze ist gleichermaßen gerbstoffhaltig. Tannin ist vor allem ein Stoff, der bei Stressreaktionen der Pflanze (etwa bei Parasitenbefall), ausgeschüttet wird. Auch innerhalb einer Pflanze variiert der Gerbstoffgehalt je nach Bestandteil:
  
* Bei der '''Eiche''' befindet sich in der Rinde etwa 10 Prozent Gerbstoff (in älteren Bäumen nur noch 5 Prozent), in Gallen bis zu 70 Prozent. Das entstehende Leder ist hellbraun.
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* Bei der '''Eiche''' befindet sich in der Rinde etwa 10% Gerbstoff (in älteren Bäumen nur noch 5%), in Gallen bis zu 70%. Das entstehende Leder ist hellbraun.
  
* '''Fichtenrinde''' weist 15 Prozent Gerbstoff auf, im Fichtenholz sind es allerdings maximal 1 Prozent. Auch hier wird das Leder hellbraun.
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* '''Fichtenrinde''' weist 15% Gerbstoff auf, im Fichtenholz sind es allerdings maximal 1%. Auch hier wird das Leder hellbraun.
  
* '''Kastanien''' können bei alten Bäumen 10 Prozent Gerbstoff im Holz erreichen; das Leder ist mittelbraun und zäh.
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* '''Kastanien''' können bei alten Bäumen 10% Gerbstoff im Holz erreichen. Das Leder ist mittelbraun und zäh.
  
* '''Weidenrinde''' hat 10 Prozent Gerbstoff und liefert gelbliches Leder.
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* '''Weidenrinde''' hat 10% Gerbstoff und liefert gelbliches Leder.
  
* Die Rinde alter '''Birken''' enthält 10 Prozent Gerbstoff; das Leder ist ebenfalls gelblich, weich, aber unempfindlich.
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* Die Rinde alter '''Birken''' enthält 10% Gerbstoff. Das Leder ist ebenfalls gelblich, weich, aber unempfindlich.
  
 
* '''Valonea''' hat mit 32% einen sehr hohen Gerbstoffanteil. Das Leder wird zäh und feste.  
 
* '''Valonea''' hat mit 32% einen sehr hohen Gerbstoffanteil. Das Leder wird zäh und feste.  
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Der Lohgerbprozess benötigt etwa 20-30 Monate. Pro [[Haut]] werden dabei ca. 30 kg Rinde oder 20 kg Früchte oder 90 kg Eichenholz verbraucht. 2009 war der weltweite Bedarf an Vegetabilgerbstoffen bei fast 130.000 Tonnen.  
 
Der Lohgerbprozess benötigt etwa 20-30 Monate. Pro [[Haut]] werden dabei ca. 30 kg Rinde oder 20 kg Früchte oder 90 kg Eichenholz verbraucht. 2009 war der weltweite Bedarf an Vegetabilgerbstoffen bei fast 130.000 Tonnen.  
  
Die Lohe wird gemeinsam mit den Häuten in eine wassergefüllte Grube gelegt, wodurch nach einigen Tagen ein gerbsäurehaltiges Bad entsteht. Die Haut wird regelmäßig weiteren Bädern mit höheren Gerbstoffkonzentrationen ausgesetzt (der sogenannten '''Farbengang''', da sich die Farbintensität der Gerbbrühe mit stärkerer Konzentration erhöht). Dies ist allerdings nur eine Vorbehandlung; nachdem die Häute diese durchlaufen haben, werden sie zur Weitergerbung in den sogenannten ''Versenk'' deponiert - ein dauerhaftes mit Gerbbrühe gefülltes Depot. Der Versenk wird im Abstand von einigen Wochen gewechselt, um das sogenannte ''Auslaugen'' zu vermeiden - nämlich den Fall, dass die Haut sämtliche Gerbstoffe im Wasser bereits aufgenommen hat und dieses anschließend faulig wird.  
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Die Lohe wird gemeinsam mit den Häuten in eine wassergefüllte Grube gelegt, wodurch nach einigen Tagen ein gerbsäurehaltiges Bad entsteht. Die Haut wird regelmäßig weiteren Bädern mit höheren Gerbstoffkonzentrationen ausgesetzt (der sogenannten '''Farbengang''', da sich die Farbintensität der Gerbbrühe mit stärkerer Konzentration erhöht). Dies ist allerdings nur eine Vorbehandlung. Nachdem die Häute diese durchlaufen haben, werden sie zur Weitergerbung in den sogenannten ''Versenk'' deponiert - ein dauerhaftes mit Gerbbrühe gefülltes Depot. Der Versenk wird im Abstand von einigen Wochen gewechselt, um das sogenannte ''Auslaugen'' zu vermeiden, nämlich den Fall, dass die Haut sämtliche Gerbstoffe im Wasser bereits aufgenommen hat und dieses anschließend faulig wird.  
  
 
Eine spezielle Art der Grubengerbung ist die sogenannte "Altgrubengerbung". Die Altgrubengerbung wird insbesondere bei [[Lederschuhe#Sohlleder oder Sohlenleder|Sohlenledern]] durchgeführt, welche 9 bis 18 Monate dauert.  
 
Eine spezielle Art der Grubengerbung ist die sogenannte "Altgrubengerbung". Die Altgrubengerbung wird insbesondere bei [[Lederschuhe#Sohlleder oder Sohlenleder|Sohlenledern]] durchgeführt, welche 9 bis 18 Monate dauert.  
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Die [[Lederfarbe|Farbstoffe]] im [[Anilinleder]] oder die [[Lederfarbe|Pigmente]] auf dem [[Zurichtung|zugerichteten]] Leder werden [[Lichtechtheit|durch Licht heller]]. Bei ungefärbten, pflanzlich gegerbten Ledern verhält es sich andersherum. Das Leder dunkelt durch Licht, Feuchtigkeit und Fettung nach.  
 
Die [[Lederfarbe|Farbstoffe]] im [[Anilinleder]] oder die [[Lederfarbe|Pigmente]] auf dem [[Zurichtung|zugerichteten]] Leder werden [[Lichtechtheit|durch Licht heller]]. Bei ungefärbten, pflanzlich gegerbten Ledern verhält es sich andersherum. Das Leder dunkelt durch Licht, Feuchtigkeit und Fettung nach.  
  
Pflanzlich gegerbtes Leder, welches nie feucht wird und nie geölt oder gefettet wird, wird zwar zuerst dunkler, aber durch das Austrocknen mit der Zeit wieder [[Lichtechtheit|heller]]. Vermutlich hängt dieser Effekt mit der [[Fetten|Fettung]] im Leder zusammen. Zuerst steigen Fette aus dem Leder auf und dunkeln es, aber durch die Trockenheit wird es mit der Zeit wieder heller, weil die Fette langsam wegtrocknen. Sobald aber Wasser oder Fett auf das Leder kommt, dunkelt es stark nach.  
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Pflanzlich gegerbtes Leder, welches nie feucht wird und nie geölt oder gefettet wird, wird zwar zuerst dunkler, aber durch das Austrocknen mit der Zeit wieder [[Lichtechtheit|heller]]. Vermutlich hängt dieser Effekt mit der [[Fetten|Fettung]] im Leder zusammen. Zuerst steigen Fette aus dem Leder auf und dunkeln es, aber durch die Trockenheit wird es mit der Zeit wieder heller, weil die Fette langsam wegtrocknen oder einziehen. Sobald aber Wasser oder Fett auf das Leder kommt, dunkelt es stark nach.  
  
  

Version vom 8. Februar 2017, 19:43 Uhr

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Altgegerbtes Leder

Altgegerbtes Leder oder lohgegerbtes Leder oder lohgares Leder oder pflanzlich gegerbtes Leder oder vegetabil gegerbtes Leder ist die Bezeichnung für vorwiegend mit Eichen- und Fichtenrinde, aber auch z. B. Quebrachoholz, Tara-Schoten, Olivenblättern, Rhabarberwurzeln oder Mimosarinde in der Grube gegerbtes Leder. Der Gerbstoff ist dann immer ein Pflanzengerbstoff.

Die Gerbung mit pflanzlichen Stoffen gibt es seit mehr als 5.000 Jahren und war über viele Jahrhunderte die Hauptgerbart. Von Verzierungen auf einem Sarkophag weiß man, dass die pflanzliche Gerbung im 4. Jahrtausend vor Christus in Ägypten bekannt war. Durch den Fund von Ötzi im Eis der Alpen weiß man, dass vor ca. 5.000 Jahren verschiedene Lederarten für verschiedene Verwendungszwecke hergestellt wurden. Man geht davon aus, dass heutzutage nur noch 10 - 12% aller Leder pflanzlich gegerbt werden.

Wirkstoff in der pflanzlichen Gerbung sind die Tannine als Polyphenole der Gallussäure. Diese werden von den Pflanzen eingelagert, um Fressfeinde fernzuhalten, deren Verdauung durch Tanninaufnahme negativ beeinflußt wird. Tannine finden sich in unterschiedlicher Konzentration in sehr unterschiedlichen Gewächsen; neben den bereits genannten Pflanzen auch in Wein, Kastanien, Hopfen, Sumach, Schwarzem und Grünem Tee. In Lebensmitteln werden Gerbstoffe als trocken, rau und pelzig wahrgenommen. So wird etwa der Geschmack eines Rotweins grundlegend davon mitbestimmt, welche Tannine in welcher Konzentration in ihm enthalten sind. Viele gerbstoffhaltige Pflanzen benötigen bis zu 30 Jahre Wachstum, bis die eine ausreichende Menge Gerbstoff produziert wird. Andere Pflanzen sind gerstoffreicher, wenn diese noch jung sind. Es gibt rund 300 verschiedene Planzenarten weltweit, die zur Gerbstoffgwinnung genutzt werden können.


  • Eiche ist für alle Leder verwendbar. Man verwendet bei Eichen und Fichten die Rinde jüngerer Bäume, weil die mehr Gerbstoff enthalten.
  • Kastanie macht ein hartes und rötliches Leder.
  • Mimosarinde und Akazien machen Leder eher biegsam und geschmeidig.
  • Valonea ist eine mediterrane, wildwachsende Eichenart, die vorwiegend in der Türkei und in Griechenland gedeiht. Deren Fruchtbecher mit gerbstoffreichen Schuppen (auch Trillo genannt), hat einen Gerbstoffanteil von 32%. Man kann mit Valonea Haptik weiches, sowie festes und zähes Leder machen. Mit Valonea gegerbtes Leder ist lichtechter als andere Pflanzengerbstoffe.


Pflanzengerbstoff-03.jpg

Pflanzengerbstoff - Quebrachoholz

 

Im europäischen Mittelalter wurde insbesondere die Stieleiche für Gerberzwecke in sogenannten Lohwäldern kultiviert. Die gerbstoffhaltige Rinde der Bäume wurde mit dem sogenannten Lohlöffel abgeschält (das mittelhochdeutsche Wort "lo" bezeichnet abreißen, schälen, löchern) und in Lohmühlen verbracht, wo sie zur schließlichen Lohe zermahlen wurde. Diese Mühlen befanden sich meist in direkter Nähe von Gerbereien und geben bis heute Straßen und Plätzen in deutschen Städten ihren Namen. In der Kölner Innenstadt etwa erinnern Rothgerberbach, Blaubach und Mühlenbach an Lohmühlen, die ihre Rinde über den Rheinauhafen bezogen haben. Ein Teil des Marktviertels nannte sich bereits im 12. Jahrhundert Lohmarkt. Ein anderes Beispiel ist die Lohmühleninsel am Landwehrkanal in Berlin-Kreuzberg, wo seit 1750 Lohe erzeugt worden war. Und auch Familiennamen wie Lohmann, Lohmüller, Löhrer, Loher, Luerer gehen auf dieses Handwerk zurück.


Gerbstoff

Nicht jede Pflanze ist gleichermaßen gerbstoffhaltig. Tannin ist vor allem ein Stoff, der bei Stressreaktionen der Pflanze (etwa bei Parasitenbefall), ausgeschüttet wird. Auch innerhalb einer Pflanze variiert der Gerbstoffgehalt je nach Bestandteil:

  • Bei der Eiche befindet sich in der Rinde etwa 10% Gerbstoff (in älteren Bäumen nur noch 5%), in Gallen bis zu 70%. Das entstehende Leder ist hellbraun.
  • Fichtenrinde weist 15% Gerbstoff auf, im Fichtenholz sind es allerdings maximal 1%. Auch hier wird das Leder hellbraun.
  • Kastanien können bei alten Bäumen 10% Gerbstoff im Holz erreichen. Das Leder ist mittelbraun und zäh.
  • Weidenrinde hat 10% Gerbstoff und liefert gelbliches Leder.
  • Die Rinde alter Birken enthält 10% Gerbstoff. Das Leder ist ebenfalls gelblich, weich, aber unempfindlich.
  • Valonea hat mit 32% einen sehr hohen Gerbstoffanteil. Das Leder wird zäh und feste.
  • Der Gallapfel enthält 55–65 % Gallusgerbsäure und die Knopper 25–28 % Gerbstoffe. Beides sind Wucherungen an Eichen durch die Eiablage der Gallwespe. Um die Larve entstehen gerbstoffhaltige Wucherungen. Die Ursprungsländer sind Ungarn, Jugoslawien und Österreich.


Eichengerbung-01.jpg

Mit Eichengerbstoff gegerbtes Leder mit Stempel: "reine Eichenlohe - 12 Monate Gerbdauer".

 

Der Gerbprozess

Der Lohgerbprozess benötigt etwa 20-30 Monate. Pro Haut werden dabei ca. 30 kg Rinde oder 20 kg Früchte oder 90 kg Eichenholz verbraucht. 2009 war der weltweite Bedarf an Vegetabilgerbstoffen bei fast 130.000 Tonnen.

Die Lohe wird gemeinsam mit den Häuten in eine wassergefüllte Grube gelegt, wodurch nach einigen Tagen ein gerbsäurehaltiges Bad entsteht. Die Haut wird regelmäßig weiteren Bädern mit höheren Gerbstoffkonzentrationen ausgesetzt (der sogenannten Farbengang, da sich die Farbintensität der Gerbbrühe mit stärkerer Konzentration erhöht). Dies ist allerdings nur eine Vorbehandlung. Nachdem die Häute diese durchlaufen haben, werden sie zur Weitergerbung in den sogenannten Versenk deponiert - ein dauerhaftes mit Gerbbrühe gefülltes Depot. Der Versenk wird im Abstand von einigen Wochen gewechselt, um das sogenannte Auslaugen zu vermeiden, nämlich den Fall, dass die Haut sämtliche Gerbstoffe im Wasser bereits aufgenommen hat und dieses anschließend faulig wird.

Eine spezielle Art der Grubengerbung ist die sogenannte "Altgrubengerbung". Die Altgrubengerbung wird insbesondere bei Sohlenledern durchgeführt, welche 9 bis 18 Monate dauert.


Grubengerbung-02.jpg Grubengerbung-03.jpg

Während der Gerbung hängt das Leder in Gruben, die mit der Gerbbrühe gefüllt sind.

 

Bereits verwendete und ausgelaugte Lohe eignet sich in gepreßter Form (Lohkäse) anschließend noch als Brennmaterial oder auch als Dünger.


Film über die Gerbung mit Gerbstoff der Eiche


Die Pflanzliche Gerbung mit Gerbstoffen der Eiche.


Lederkennzeichnung

Weitere Bezeichnungen für Altgerbung bzw. Lohgerbung sind Grubengerbung, vegetabile Gerbung und Pflanzengerbung. Häufig werden auch die Begriffe "Naturleder" oder "Bio-Leder" verwendet, da die Gerbstoffe aus natürlichen Rohstoffen stammen.

Manche Menschen reagieren auf das selten in Leder vorkommende Chrom-VI und suchen zur Vermeidung von möglichen Allergien chromfreies Leder, bzw. rein pflanzlich gegerbtes Leder. Weil die pflanzliche Gerbung mit der Chromgerbung gemischt werden kann, reicht nicht die Nachfrage nach "pflanzlich gegerbtem Leder", sondern man muss nach chromfreiem Leder (FOC = Free of Chrome) fragen, um ganz sicher zu gehen.

Pflanzlich gegerbte Leder erkennt man meist an der braunen Durchfärbung. Da die Pflanzengerbung lange vor der Chromgerbung dominierte, sind insbesondere alte Leder häufig pflanzlich gegerbt. Heute werden insbesondere dicke und feste Leder noch pflanzlich gegerbt. Bei hochwertigen Schuhen z.B. für die Ledersohlen.


Stuhl-Antik-013.jpg Arztkoffer-03.jpg

Lederkoffer-04.jpg Lederball-alt-001.jpg

Westernsattel-02.jpg Sattel-Motorrad-01.jpg

Bilder von pflanzlich gegerbten Ledern.

 

Die Lichtechtheit von pflanzlich gegerbten Ledern

Die Farbstoffe im Anilinleder oder die Pigmente auf dem zugerichteten Leder werden durch Licht heller. Bei ungefärbten, pflanzlich gegerbten Ledern verhält es sich andersherum. Das Leder dunkelt durch Licht, Feuchtigkeit und Fettung nach.

Pflanzlich gegerbtes Leder, welches nie feucht wird und nie geölt oder gefettet wird, wird zwar zuerst dunkler, aber durch das Austrocknen mit der Zeit wieder heller. Vermutlich hängt dieser Effekt mit der Fettung im Leder zusammen. Zuerst steigen Fette aus dem Leder auf und dunkeln es, aber durch die Trockenheit wird es mit der Zeit wieder heller, weil die Fette langsam wegtrocknen oder einziehen. Sobald aber Wasser oder Fett auf das Leder kommt, dunkelt es stark nach.


Naturleder-dunkeln-Tag-00.jpg Naturleder-dunkeln-Tag-16.jpg Naturleder-dunkeln-Tag-50.jpg

Pflanzlich gegerbtes Leder Tag 0, Tag 16 und Tag 50 im Sonnenlicht.

 



Verfahren der Gerbung
Chromgerbung - Lohgerbung - Weißgerbung - Fettgerbung - Synthetische Gerbung


Weitere Informationen


Lederarten der pflanzlichen Gerbung


Pflanzliche Gerbstoffe


Weitere Informationen


Lederzentrum-2016-08.jpg

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