Anilinleder: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 5. Dezember 2022, 08:38 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Was ist Anilinleder?
Anilinleder sind ungefärbte oder mit Anilinfarbstoffen im Bad durchgefärbte Leder. Es handelt sich um offenporige Glattleder ohne Pigmentschicht (Farbschicht) auf der Oberseite, die noch die natürliche Beschaffenheit des Hautmaterials erkennen lassen und in der Regel als sehr teure und wertvolle Leder gelten. Durch die fehlende Pigmentierung haben Anilinleder einen weichen und warmen Griff.
Das Porenbild muss bei Anilinledern klar erkennbar sein. Maximal kann ein Anilinleder eine Zurichtung mit Griffmitteln oder eine Hydrophobierung erhalten, die aber nichts abdecken, also keine Pigmente enthalten dürfen. Ganz offenporige Anilinleder ohne jeden Schutz werden auch als Rein-Anilinleder oder Rein-Anilin bezeichnet. Weiche Anilinleder werden auch als Nappaleder bezeichnet.
Als offenporig werden neben den Anilinledern, die zu den Glattledern zählen, auch die Rauleder bezeichnet. Bei Rauledern dringt Feuchtigkeit direkt ein.
Geregelt ist die Kennzeichnungspflicht für Anilinleder in der DIN EN 15987 (Terminologie – Hauptdefinitionen für den Lederhandel Juli 2015). Demnach ist ein Anilinleder ein Glattleder, bei dem der Narben (Poren der Haare) deutlich und vollständig sichtbar sein muss. Eine aufgebrachte Zurichtung darf nicht dicker als 0,01 mm sein und darf keine Pigmente enthalten. In der RAL 061 A1 der Qualitätsklassen von Polsterleder im Möbelbereich wird die Kennzeichnung "Anilinleder (naturbelassen)" verwendet.
Anilinleder werden in fast allen Bereichen verwendet. Als Möbelleder, Taschenleder, Schuhleder oder Bekleidungsleder. Seltener sind Autoleder, weil die pflegeleicht erwartet werden und daher meist eine Pigmentierung aufweisen.
Aufbau der Lederfärbung, Zurichtung. Ohne Zurichtung = Anilinleder.
Für die Produktion von Anilinledern kommen nur absolut makellose Häute in Frage, da die Oberflächenstruktur des Leders komplett sichtbar bleibt. Nicht in Frage kommen Leder mit Gabelstichen, Zeckenbissen, oder Hornstößen, die in den Hauptflächen der Lederhaut störend hervortreten. Weil makellose Häute seltener sind, ist Anilinleder i.d.R. teurer als pigmentiertes Leder. Gerbereien sprechen von weniger als 5% der angelieferten Häute, die aufgrund der Makellosigkeit als Anilinleder in Frage kommen.
Ein auf der Oberfläche verriebener Wassertropfen dringt in Anilinleder ein und dunkelt den feuchten Bereich, da die Poren des Leders nicht versiegelt sind. Anilinleder sind daher sehr anfällig für Wasserränder und Fettstellen, ebenso für das Ausbleichen durch Sonnenlicht. Anilinleder fühlen sich i. d. R. warm und wachsig an und sind vom Glanzgrad her meist matt. Wegen der Weichheit des Leders wird Anilinleder auch als Nappaleder oder gelegentlich auch als Softleder bezeichnet.
Bild 1 zeigt einen Tropfen Wasser auf einem pigmentierten Rindsleder. Der Tropfen zieht nicht ein. Daneben sieht man, wie ein Tropfen Wasser in ein offenporiges Glattleder einzieht.
Versuche, die Bezeichnung Anilinleder durch naturbelassenes Leder oder Nappaleder Naturbelassen zu ersetzen, um eine Verwechslung mit dem den giftigen Anilinfarbstoffen (Azofarbstoffe) zu vermeiden, haben sich wegen der festen Etablierung im Volksmund nicht durchsetzen können. Somit ist der Begriff Anilin oder Anilinleder der richtige Fachbegriff zur Beschreibung dieser Lederart.
Als Semianilinleder werden Leder bezeichnet, die eine geringe Pigmentschicht aufweisen, wo das Porenbild noch gut erkennbar ist. Seit Januar 2016 gibt es im Möbelbereich noch eine Lederart zwischen den Anilinledern und dem Semianilinleder (RAL 061 A1). Das Anilinleder veredelt (gebrauchsoptimiert), welches noch weniger Pigmentzurichtung als das Semianilinleder aufweist. Die Reinanilinleder (Anilinleder naturbelassen) dürfen dagegen keine Pigmente auf der Oberfläche aufweisen.
Video über die verschiedenen Glattlederarten.
Gegenüberstellung der Lederqualitäten und der Empfindlichkeit bzw. Pflegeleichtigkeit.
Rauleder - Anilinleder - Anilin veredelt - Semianilin - Pigmentiertes Glattleder - korrigierte Leder - beschichtetes Spaltleder
Mikroskopische Aufnahme der Oberfläche eines Anilinleders. Deutlich sind die offenen Poren der Haut erkennbar, die nicht durch eine Zurichtung verdeckt werden.
Anilinleder gibt es in allen Bereichen: Bekleidungsleder, Autoleder, Fahrradsattel, Möbelleder, Schuhleder, Taschen- und Kofferleder
Anilinleder ist empfindlich: Fettstellen - Ausbleichungen - Fleckenränder
Achtung bei Verfärbungen: Farbstoffe dringen in Anilinleder ein und lassen sich meist nicht mehr reinigen oder nur selten unsichtbar reparieren.
Unterscheidungsmerkmale
Reines Anilinleder - Haarporen sind vollständig erkennbar und keine Farbschicht ist auf dem Leder.
Semianilinleder - Haarporen sind gut erkennbar, aber eine dünne Farbschicht ist auf dem Leder.
Haarporen sind kaum erkennbar, ein stärkere Farbschicht ist auf dem Leder. Hier kann nur ein Fachmann prüfen, ob es noch als "Semianilinleder" bezeichnet werden darf.
Pigmentiertes Glattleder - Haarporen sind nicht mehr erkennbar. Ein dicke Farbschicht ist auf dem Leder.
Manchmal werden Leder als Anilinleder angeboten, die gar keine sind. Da die Leder so empfindlich sind, erhalten die manchmal eine "leichte" Zurichtung. Solche Leder sind dann aber keine "Reinanilin" mehr, sondern veredelte Anilinleder, Semianilinleder oder manchmal sogar nur pigmentierte Leder.
Als Anilinleder deklariert, aber eindeutig eine starke Farbschicht auf dem Leder, wobei die Haarporen nur schwach erkennbar sind.
Weitere Informationen
- Fachartikel aus der PRO-LEDER zum Thema: Anilinleder - die Krönung der Lederarten?
- Anilinleder veredelt (gebrauchsoptimiert)
- Semianilinleder
- Pigmentierte Leder
- Atmungsaktivität
- Offenporige Leder
- Glattleder
- Lederarten
- Was sollte man beim Kauf von Ledermöbeln beachten?
- Anilin gegerbt - ein Irrtum der Begrifflichkeiten
Die Handhabung von Anilinledern
-> Lederzentrum: Pflegehinweise für alte und neue Anilinleder (offenporig) bei Möbeln.
-> Lederzentrum: Dunkle Fettflecken im Kopf- und Armlehnenbereich von Ledermöbeln
-> Lederzentrum: Die Pflege von Lederbekleidung aus Anilinleder
-> Lederzentrum: Die Pflege von Lederschuhen aus Anilinleder
-> Lederzentrum: Die Pflege von Handytaschen und Tablettaschen aus Anilinleder
-> Lederzentrum: Die Behandlung von Flecken bei Anilinleder (Öl, Fett, Harz, Wasserränder, Kaugummi, Sekundenkleber, Wachs, Harz, Schimmel)
Das Pflegeset für Anilinleder.
Die Lederreparaturwerkstatt: Kratzer auf Anilinleder entfernen.
Tipps und Tricks bei der Fleckenbehandlung
Anilinleder sind offenporige Leder. Kommt es zu Flecken, verkleben die Lederfasern in der Oberfläche. Wird das Leder nach dem Trocknen des Flecks gedehnt, können sich solche Bereiche wieder aufhellen. Dazu kann das Leder von hinten durch Gegendrücken gedehnt werden. Man kann das Leder auch ziehen, walken oder strecken. Diese Variante funktioniert meist auch bei Fettledern. Bei pigmentierten Ledern funktioniert diese Methode nicht. Auch nicht bei intensiven Flecken oder Flecken durch Farbe oder Bindemittel. Der Aufwand ist nicht groß, und es ist schnell getestet, ob es funktioniert. Ein Versuch reicht, um zu sehen, ob es überhaupt Chancen hat. Wird ein Leder zu hell, kann es meist durch eine sparsam dosierte Pflegeanwendung (immer vorher im verdeckten Bereich testen!) wieder abgedunkelt werden.
Ein weiterer Trick ist dunkle, eingezogene Flecken zu versuchen mit einer Nadel heller zu kratzen.
Wichtig!
- Alle Anwendungen immer im verdeckten Bereich testen, bevor man den Zustand im Sichtbereich verschlechtert!
- Wenn man sich nicht sicher ist, immer erst Fotos (Gesamtaufnahme und Detailaufnahme bei gutem Licht) an info@lederzentrum.de schicken und sich fachmännischen Rat einholen.
Durch das Strecken öffnen sich die Poren, und Verklebungen lösen sich. Das Leder wird heller.
Durch straffes Rollen und Ziehen öffnen sich die Poren, und Verklebungen lösen sich. Das Leder wird heller.
Durch Walken, Massieren und Kneten öffnen sich die Poren, und Verklebungen lösen sich. Das Leder wird heller.
Speziallösung und immer vorher im verdeckten Bereich testen! Mit der Nadel dunkle, verkrustete und eingezogene Flecken aufhellen.