Nachhaltigkeit und Rückverfolgbarkeit von Leder: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 14. Februar 2023, 19:59 Uhr

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Was versteht man unter Nachhaltigkeit bei Leder?

Heutzutage verlangen Kunden immer öfter eine nachhaltige Produktion der von ihnen erworbenen Produkte. Unter Nachhaltigkeit wird vieles verstanden. Bei Leder geht es primär um die Tierhaltung, den Tiertransport, die Schlachtmethode, die Lederherstellung, die verwendeten Chemikalien, die in allen Prozessen eingebundenen Mitarbeiter und die Umweltbelastung.


Der CO2-Fußabdruck von Leder

Bei der Herstellung von Leder entsteht ein CO2-Fußabdruck. Moderne Gerbereien versuchen all ihre Abläufe so zu koordinieren, so dass ein möglichst kleiner CO2-Fußabdruck hinterlassen wird. Chemikalien zur Gerbung und Zurichtung werden bewusster eingekauft und von der herstellenden Industrie weiterentwickelt. Abwasser werden möglichst gespart und zeitgemäß geklärt und Reststoffe werden soweit möglich recycelt. Energie wird gespart und, wo möglich, selbst erzeugt. Moderne Gerbereien befinden sich in einem Umstellungsprozess.

Manch Kunden assoziieren Leder negativ, weil es von Tieren stammt, und lehnen die Tierhaltung und den Fleischkonsum ab, der den Rohstoff für Leder erzeugt. Dazu haben Kunden bedenken, dass die Lederherstellung umweltschädlich sein könnte, was in weniger entwickelten Ländern durchaus der Fall ist, aber in entwickelten Ländern nicht der Realität einer gut überwachten und sorgsamen Lederherstellung entspricht.

Unter der der Landwirtschaft nachgelagerten Industrie wird teilweise argumentiert, dass der CO2-Fußabdruck der Landwirtschaft der Milch- und Fleischindustrie zugeordnet werden muss, weil die Tiere nicht wegen der Lederherstellung gehalten werden. Die nachgelagerte Industrie (Gerberei, Lederverarbeiter, Handel mit Lederobjekten) sind nur Verwerter des Abfallprodukts „Haut“ aus der Tierhaltung für die Milchprodukteherstellung und Fleischprodukteerzeugung und haben somit einen positiven Effekt, weil ein ansonsten als Abfall geltendes Restprodukt zu Leder recycelt wird und somit nur die CO2-Emission ab dem Abziehen der Rohhaut im Schlachthof der Lederindustrie zugeordnet werden darf. Würde Würde man kein Leder herstellen, würden Abfallhäute geschätzte 5 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr erzeugen. Das ist aber keine realistische Betrachtung, weil Rohhäute ansonsten anderweitig verwertet würden.

Einige argumentieren, dass der CO2-Anteil der Tierhaltung proportional der Lederindustrie zugeordnet werden sollte, was nach der Vorstellung der C02-Zuordnung „von der Wiege bis zur Bahre“, also unter Einbeziehung aller Vormaterialien, entspricht. Ein weiteres Argument für eine Zuordnung ist die freie Wahl des Gerbers, welche Rohhäute er wo kauft. Wenn der Gerber tendenziell Häute von Rindern mit einer günstigen CO2-Zuordnung kauft, dann trägt er mit zur Reduktion von C02 bei. Da der CO2-Verbrauch bei Rindern mit einer längeren Lebensdauer höher ist, wäre der Einkauf von Rohhäuten in Europa vorteilhafter, weil die Tiere dort kürzer leben (weniger Ressourcenverbrauch) und größere Häute haben (weniger CO2-Ausstoß pro Fläche), was den CO2-Aussstoß der Tierhaltung dann im Vergleich zu Asien oder Afrika reduziert. Das würde aber wiederum eine kürzere Lebensdauer der Tiere fördern und in der Folge mehr Tiertötungen nach sich ziehen. Für die CO2-Zuordnung beim Leder mag sich das günstig auswirken, aber für die Tiere und die tierliebenden Verbraucher ist das kein erwünschter Zusatzeffekt. Schlimmstenfalls könnte das dazu führen, dass der Gerber die Häute von jung geschlachteten Tieren von einem Betrieb kauft, der einen höheren CO2-Ausstoß pro Tier hat als ein Betrieb mit optimiertem CO2-Managment, aber mit Tieren, die länger leben und daher mehr C02 zugeordnet bekommt.


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Kunden, die Leder ablehnen, kaufen Substitutionsprodukte. Eine echte Alternative zu den Vorteilen von Leder existiert aber noch nicht. Die auf den Märkten angebotenen Substitutionsprodukte für Leder bei Schuhen, Bekleidung, Taschen, Autobezügen oder Möbelpolstern basieren fast ausschließlich auf Kunstledervarianten, die aus Mineralöl hergestellt werden. Der CO2-Fußabdruck der Produktion dieser Alternativen ist höher als der der Lederherstellung, die Haltbarkeit dieser Produkte ist deutlich geringer als die wertiger Leder und hinterlassen danach Mikroplastik erzeugenden Abfall im Gegensatz zu Leder, welches biologisch abbaubar ist. Eine längere Haltbarkeit von Produkten zögert eine Neuproduktion hinaus und hinterlässt dadurch einen geringeren CO2-Fußabdruck als kurzlebige Produkt, solange die CO2-Erzeugung der Herstellung des langlebigen Produkts nicht ungleich höher ist, was bei Leder im Vergleich zu Kunstleder nicht der Fall ist.


Rückverfolgbarkeit von Leder

Im Rahmen der Diskussionen um die Art wie Tiere gehalten werden und Leder hergestellt wird, wird das Modell der Rückverfolgbarkeit von Leder diskutiert, um die Nachhaltigkeit belegen zu können.

Die Idee dahinter ist ein lückenloser Nachweis vom Leder zurück bis zu dem Tier, dessen Haut für das Leder gegerbt wurde. Damit ist gemeint, dass der Ursprung des Tieres, die Haltung des Tieres, die Tiertransporte, die Schlachtmethode, die Gerbung und die Verarbeitung zu einem Lederobjekt lückenlos transparent dokumentier wird, damit der Verbraucher sicherstellen kann, dass er mit dem Erwerb seines Lederobjekts eine dem Tierwohl orientierte Tierhaltung, eine umweltfreundlichen Gerbprozess und sozialverträgliche Arbeitsbedingungen in der Gerberei, beim Lederverarbeiter und im Handel unterstützt.

Zwar gibt es für die Tierhaltung, die Gerbung und die Mitarbeiter in der Kette gesetzliche Regelungen, aber oft kommen Leder und/oder Lederobjekte aus Ländern, wo die erwünschten Mindeststandards nicht eingehalten oder erst gar nicht überwacht werden. Somit verlangt die Rückverfolgbarkeit Informationen, die über die gesetzlichen nationalen und internationalen Bestimmungen hinausgehen.

Für die Rückverfolgbarkeit der Tiere werden Barcodes, Plastikmarkierungen, oder Stempel der Lederhaut diskutiert und sogar DNA-Erfassungen werden in Erwägung gezogen, um eine sichere Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten.


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Ohrmarkierung einer Kuh mit Plastikmarke.

 

Bisher haben wenige Lederverarbeiter (z. B. Identity Leder) das Thema Rückverfolgbarkeit aufgegriffen, da es mit hohem Aufwand und Kosten verbunden ist und die Tierhalter und Gerber noch nicht ausreichend darauf eingestellt sind, die notwendigen Bedingungen zu erfüllen.

Laut einer Umfrage bei europäischen Gerbern sind zwar viele in der Lage, das Ursprungsland der verarbeiteten Rohware zu benennen, einige dazu noch den Schlachthof, aber wenn es um den Ursprung des Tieres geht, fehlen meist die notwendigen Informationen für eine vollständige Rückverfolgbarkeit. Es gibt auch nachvollziehbare Bedenken von Seiten der Gerbereien, deren Bezugsquellen gegenüber Wettbewerbern komplett transparent zu machen, weil diese durch die Endkundeninformation mit informiert werden könnten.


Weitere Informationen


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