Spaltleder
Inhaltsverzeichnis
Begriff "Spaltleder"
Wird eine Haut oder ein Fell über die gesamte Fläche in mehrere Schichten zerlegt, so bezeichnet man diesen Vorgang als "Spalten". Oft werden dickere Leder - besonders vom Rind, das 5 bis 10 Millimeter starke Häute liefert - gespalten. Die so gewonnenen Schichten nennt man Narbenspalt (Außenspalt), Fleischspalt (unterer Spalt), und bei schwereren Häuten kann auch Kernspalt (Mittelspalt oder Zwischenspalt) anfallen. Die nach unten abgespaltenen Leder sind auf beiden Seiten rau wie die Rückseite eines Leders.
Beim Einstellen der Spaltmaschine muss der Gerber beachten, dass die Stärke des Leders durch den Wasseranteil der nassen Haut höher ist. Der Wasseranteil einer nassen Haut macht das Dreifache des Trockengewichts des Leders aus. Mit Wasser voll gesogen ist Leder daher dicker. Der Gerber muss diesen Dickenunterschied bei Einstellen der Spaltmaschine beachten, damit beim trockenen Leder die gewünschte Lederstärke raus kommt.
Auch die Gerbart beeinflusst, in welcher Stärke ein Leder gespalten werden muss. Pflanzliche Gerbstoffe füllen das Leder stärker, was als Endresultat ein dickeres Leder erzeugt. Somit muss der Techniker an der Spaltmaschine viele Faktoren berücksichtigen, um nicht zu dünne Leder zu erzeugen, aber auch nicht zu dicke Leder, die dann wieder dünner gefalzt werden müssen und man Ledersubstanz der Gegenstücke beim Spalten verliert und mehr Arbeit und Abfall beim Falzen hat.
Das Leder wird gespalten. Oben ist dann das Narbenspalt und unten das Fleischspalt. Außerhalb der Gerberei gilt nur das Fleischspalt als "Spaltleder"
Als wertvoller gilt der "Narbenspalt". Das Fasergefüge ist in den oberen Schichten bzw. im Narbenbereich wesentlich dichter und dadurch reißfester. Es wird so als Glattleder weiterverarbeitet.
Nach dem Verlassen der Gerberei wird der Begriff "Narbenspalt" nicht mehr verwendet. Der Lederhändler bis zum Endkunden verwendet dann je nach Lederart Begriffe wie "Glattleder", "Anilinleder", "Nappa" etc. Der Begriff "Spalt" taucht im Zusammenhang mit der Narbenseite nicht mehr auf. Der untere Spalt mit den zwei rauen Seiten wird dann auch nicht mehr als "Fleischspalt", sondern als "Spaltleder", "Spaltvelours" oder "Veloursleder" oder mit dem Oberbegriff "Rauleder" bezeichnet. Um die Lederarten für den Laien verständlicher zu machen, ist das auch gut so. Dadurch ist klar, dass beim Begriff "Spalt" immer die weniger stabile untere Schicht gemeint ist.
Bei der Deklaration von Spaltledern sind die Normen widersprüchlich. Laut der RAL 060 A2 darf ein Spaltleder ohne weiter Angaben als "Leder" bezeichnet werden. Laut der DIN EN 15987 muss ein Spaltleder immer als solches deklariert werden und darf nicht nur als "Leder" bezeichnet werden. Wenn es angegeben wird, taucht hier auch der Begriff "Split" auf.
Unstreitig ist, dass ein Spaltleder nicht die gleiche Wertigkeit hat wie ein Narbenleder. Wird ein Spaltleder aber so beschichtet,dass es wie ein Narbenleder aussieht, kann der Endverbraucher die Qualität nicht prüfen. Das Leder ist dann wie ein mit Edelholz furniertes geringwertigeres Holz. Wobei die obere Schicht dann gar kein Leder ist und die Narbung durch eine Prägung geschaffen wurde.
Beschichtete Spaltleder haben nicht die Reißfestigkeit wie ein Narbenleder. Optisch fallen Risse im Spaltleder meist durch die starke Faserigkeit im Riss auf. Da das Fasergefüge beim Spaltleder nicht so dicht ist, sind diese loser und ziehen sich beim Einreißen weiter raus.
Die typische Optik eingerissener Spaltleder.
Zwar sind die Regelungen der RAL 060 A2 für die Bezeichnung des Materials "Leder" sehr verbraucherorientiert, aber es wäre wünschenswert, wenn das weniger stabile Spaltleder wie in der DIN EN 15987 auch als solches gekennzeichnet werden müsste, um eine einheitliche Begrifflichkeit zu führen. Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf. Aus Endverbrauchersicht und zum Konsumentenschutz sind nur Bezeichnungsvorschriften fair und gerecht, die eine klare Kennzeichnung von Spaltledern vorschreibt.
Kunden können sich aktuell nur so schützen, das sie sich beim Möbel- oder Autokauf im Vertrag schriftlich bestätigen lassen, dass sie das hochwertigere Narbenleder erhalten haben.
In der Gerberei wird die Haut noch nass in großen Maschinen gespalten. Lederwerkstätten haben oft kleinere Spaltmaschinen, die zwar nicht ganze Häute spalten können, aber Teilstücke.
das Spalten von Lefa in der Lederwerkstatt.
Film über die Folienbeschichtung von Spaltledern
Filme über die Herstellung von folienbeschichteten Spaltledern.
Einsatzzwecke für Spaltleder
Bekleidungsleder
Im Bekleidungsbereich sind Schweinsvelours oder Ziegenvelours die typischsten Rauleder. Schweinsleder ist i. d. R. etwas steifer und auch nicht so reißfest wie ein Ziegenvelours. Daher liegt es preislich unter dem Ziegenvelours. Schweinsvelours wird auch häufig als "Porc Split" deklariert. Das ist die englische Bezeichnung für Schweinsvelours.
Schweins-Velours - Ziegen-Velours
Schuhe
Im Schuhbereich ist Spaltleder weit verbreitet und wegen seiner Atmungsaktivität insbesondere bei Sportschuhen weit verbreitet.
Spaltleder-Schuhe sind luftig und bequem und daher weit verbreitet.
Möbelleder
Häufig werden bei Möbeln im unteren Preissegment die Kontaktflächen (Rücken, Sitze, Armlehnen und Armlehneninnenseiten) mit Narbenleder bezogen und der Rest mit beschichtetem Spaltleder oder mit Kunstleder. Im Kontaktbereich ist Spaltleder auch nicht zulässig (RAL-GZ 430/4). In solchen Fällen sollte die Deklaration lauten: "Ledersofa - Rückseite und Seitenteile aus Spaltleder" (RAL-GZ 430/4 und DIN 68871). Bei den geprägten Spaltledern wird auf das Leder ein Bindemittel aufgetragen und anschließend mit einer Narbung geprägt. Bei den folienbeschichteten Spaltledern wird eine Kunststofffolie auf das Spaltleder aufgeklebt.
Im Alltag werden aber die wenigsten Spaltleder im Möbelbereich richtig deklariert. Meist werden solche Leder nur mit "Echt Leder" und ähnlichen Begriffen deklariert. Es fehlt häufig der Hinweis auf das Spaltleder, und häufig ist die Schichtstärke auch über 0,15 mm und müsste daher als "beschichtetes Leder" mit dem Zusatz "Spaltleder" deklariert werden, oder als "Beschichtetes Spaltleder". Diese Falschdeklaration ist eine Irreführung des Verbrauchers und sollte im Gewährleistungszeitraum bei Missfallen auch reklamiert werden.
Daher sollte man beim Möbelkauf immer genau nachfragen, um welche Materialien es sich wirklich handelt. Leider sind die Deklarationen insbesondere beim Onlinekauf sehr häufig falsch und werden auch bei Rückfragen nicht korrigiert. Daher die Materialart in solchen Fällen immer bestätigen lassen! (siehe "Was man beim Neukauf von Ledermöbeln beachten sollte")
Autoleder
Auch die Fahrzeughersteller bis rauf in die höheren Preisklassen verwenden zunehmend beschichtetes oder geprägtes Spaltleder für die unbelasteten Bereiche (Türverkleidungen, Kopfstützen) ohne entsprechende Deklaration. Der Käufer erwirbt dann gutgläubig eine hochwertige "Lederausstattung" oder "Volllederausstattung" zu einem hohen Aufpreis.
Zwar gibt kein Hersteller an, dass er Spaltleder im Fahrzeug verarbeitet, aber Firmen, die auf Spaltleder spezialisiert sind geben an, dass über 10 Mio. Lenkräder mit Spaltleder bezogen wurden. Auch Türverkleidungen, Sitzteile und weitere Bereiche im Fahrzeug werden mit geprägten Spaltledern bezogen.
Lederlenkrad mit stark beschichtetem Spaltleder.
Lederhäute sind im Schnitt über 5 qm groß. Der für den Automobilsektor verwendbare Bereich des Spaltleders ist der 1,5 qm große Croupon. Das ist der beste Teil der Haut.
Spaltleder hat nicht die Reißfestigkeit eines Narbenleders. Ein Narbenleder kann man i. d. R. nicht mit den Händen zerreißen. Das Spaltleder schon. Bei Lenkrädern und Kopfstützen etc. spielt das aber keine Rolle.
Eine Angabe der Materialverwendung wäre wünschenswert, um die Spaltleder von den hochwertigeren Narbenledern als Konsument unterscheiden zu können.
Grundsätzlich ist Spaltleder auch kein schlechtes Leder, wenn es richtig deklariert wird und langlebig produziert oder eingesetzt wird. Nur glauben nahezu alle Kunden, dass das Glattlederlenkrad oder Türverkleidung die Narbenseite des Leders sei, aber in Wirklichkeit ist es ein beschichtetes Spaltleder. Nur eine klare Deklaration würde dem Endkunden nachvollziehbar vermitteln, ob er ein hochwertiges oder preiswertes Leder bezahlt hat.
Daher sollte bei Interesse selbst bei den hochpreisigen Marken nachgefragt werden (und man sollte sich im Vertrag zusichern lassen), dass kein Spaltleder verarbeitet wurde, sondern hochwertigeres "Narbenleder".
Das Spalten von Ledern
Rindsleder werden i. d. R. in mindestens zwei Schichten gespalten..
"Narbenspalt" mit Haarseite.
Das Fleischspalt ist auf beiden Seiten rau. Nach dem Verlassen der Gerberei wird es als "Veloursleder" oder "Spaltleder" bezeichnet.
Spaltmaschine in der Gerberei.
Verarbeitete Spaltleder
Es gibt viele Bereiche, für die Spaltleder bestens geeignet sind. Im Schuhbereich, Bekleidungsbereich oder Taschenbereich werden Spaltleder traditionell problemlos verarbeitet. Es ist meist der Möbelbereich, wo Spaltleder mit einer Glattlederoptik verkauft werden, was zu Enttäuschungen bei den Kunden führt.
Lederhut aus Spaltleder.
"Spaltleder" finden sich in fast jedem Haushalt im Schuhregal. Als Turnschuhleder.
Ein Veloursledersessel aus den 50er Jahren.
Eine Garantie für nassen Hintern bei Regen: Motorradsitzbank aus Spaltleder.
Beschichtete Spaltleder
Damit Spaltleder eine pflegeleichte Oberfläche bekommt, wird es manchmal beschichtet. Insbesondere im unteren Preissegment wird der Kunde aber nicht darauf hingewiesen, dass er nicht das hochwertige Narbenleder hat, sondern ein preiswertes Spaltleder mit einer Folienbeschichtung. Leider sind die Reklamationsquoten bei den preiswerten, beschichteten Spaltledern sehr hoch und die Lebensdauer deutlich geringer als bei den Narbenledern. Insbesondere die in der Vergangenheit fälschlicher weise mit dem Begriffe PU-Leder deklarierten Materialien hatten oft Qualitätsprobleme.
Die Pflichtdeklaration ist "Beschichtetes Leder", wenn die Schichtstärke der Beschichtung größer als 0,15 Millimeter ist.
Typische Optik beschichteter Spaltleder.
Eine ab 2011 neu erschienene Variante des beschichteten Spaltleders ist ein mit einem Textilgewebe beschichtetes Spaltleder. Laut Hersteller ist dann die Proportion 89% Spaltleder und 11% Fremdmaterial der Beschichtung. Bisher ist dieses Material unter den Namen Rodeo, Pilotenleder, und Tasan angeboten worden. Da das Material noch sehr jung ist, kann man außer der für Textilien ungewöhnlich starken Ausbleichung bei einem Fall beim Tasan noch keine Aussagen treffen. Die richtige Deklaration für dieses Material lautet "Mit einer Textilschicht beschichtetes Spaltleder". Als "Echt Leder" darf dieses Material nicht angeboten werden. Es wäre eine Falschdeklaration und ein Reklamationsgrund in den ersten zwei Jahren nach dem Kauf.
Auf der Oberfläche eines Velourleders ist eine textile Gewebeschicht aufgeklebt - Pilotenleder und Tasan.
Veloursleder mit einer textilen Beschichtung: Rodeo.
Es gibt aber noch mehr Varianten. Spaltleder kann auch von der Rückseite zu Stabilisierung mit Gewebe kaschiert werden. Von oben kann es dann beschichtet und geprägt werden.
Beschichtetes und geprägtes Spaltleder mit einer Textilkaschierung.
Geprägtes Spaltleder
Als "geprägte Spaltleder" werden Spaltleder bezeichnet, deren Velouroberfläche mit einer Farbschicht überzogen worden sind und geprägt wurden. Diese Spaltleder sehen dann aus wie ein normales Narbenleder. Die Qualität ist aber nicht so gut, weil das Fasergefüge von Spaltledern i.d.R. nicht so hoch ist, wie das von Narbenledern. Es reißt leichter ein.
Geprägtes Spaltleder und geschiffenes und geprägtes Narbenleder sind nicht ohne Weiteres unterscheidbar.
Eindeutig geprägte Spaltleder. Nach Anlösen der Farbschicht kommt Velours zutage.
Spaltleder-Schäden
Spaltleder sind anfälliger für Schäden als Narbenleder. Insbesondere im unteren Preissegment gibt es oft Probleme. Da löst sich die Beschichtung, das Leder reißt ein oder wird im Bereich von Haut- und Haarkontakt klebrig und löst sich auf. Insbesondere die fälschlicherweise als PU-Leder beworbenen Materialien waren davon betroffen.
Billige, beschichtete Spaltleder neigen oft zur Ablösung der Folie oder Farbschicht.
Abfärbungen von Leder und Farbablösungen auf Leder.
Spaltleder reißen immer sehr faserig ein und sind auch deutlich anfälliger für Risse als narbenseitig verarbeitete Leder.
Bei beschädigten "Narbenledern" ist die Oberfläche in der ersten Phase des Verschleißes der Farbschicht glatt.
Weitere Informationen
Film über die Lederherstellung
Filme über die Lederherstellung in der Gerberei.
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